Die meisten von uns denken beim Zahnarztbesuch zuerst an Karies- und Parodontitisprophylaxe. Die Experten in der Praxis haben aber auch die Mundschleimhaut genau im Blick. Ungesunde Veränderungen entstehen dort oft unbemerkt und können lebensgefährlich werden. Zum Weltkrebstag 2020 am 4. Februar erklären wir, warum der Zahnarztbesuch aktive Krebsvorsorge ist und nennen Risikofaktoren für Krebserkrankungen in Mund und Rachen.
Neue Studie: HP-Virus als Hauptrisiko für Mundhöhlenkrebs
Eine neue Studie der HNO-Abteilung der Asklepios Klinik St. Georg zeigt, dass eine Infizierung mit Humanen Papillomviren (HPV) Hauptauslöser für den bösartigen Mundhöhlenkrebs zu sein scheint. Bisher ist der HP-Virus, der über ungeschützten sexuellen Kontakt übertragen wird, eher im Zusammenhang mit Gebärmutterhalskrebs bekannt.
Bisher galten der regelmäßige Genuss von hochprozentigem Alkohol, starkes Rauchen und eine schlechte Mundhygiene als größte Risikofaktoren.
79 Prozent der Krebserkrankten haben den HP-Virus
Die neue Studie, die zwischen 2013 und 2018 in der Klinik durchgeführt wurde, zeigt, dass 79 Prozent aller behandelten Mundhöhlenkrebs-Patienten HPV-positiv waren. Männer ebenso wie Frauen. Mittlerweile gibt es einen HPV-Impfstoff, und seit 2018 gilt die Impfempfehlung sowohl für Mädchen als auch für Jungen. Allerdings wirkt die Impfung nur, wenn noch keine Erkrankung vorliegt.
Besonders tückisch: Viele Menschen wissen nicht, dass sie eine HPV-Erkrankung haben. Die Infektion verläuft meist „still“, also ohne Symptome.
Die gute Nachricht: „Wenn der Tumor erkannt ist und richtig behandelt wird, scheinen die Heilungs- und Überlebenschancen größer als bei Kopf-Hals-Tumoren zu sein, die nicht durch HPV ausgelöst werden,“ so Prof. Dr. Jens Meyer, Chefarzt der HNO-Abteilung in der Asklepios Klinik St. Georg in der offiziellen Pressemitteilung zur Studie.
Mundhöhlenkrebs Zahlen & Fakten
Über 10 000 Menschen erhalten in Deutschland jährlich die Diagnose Mundhöhlenkrebs. Davon sind etwa 7 500 Männer. Bei Männern steht Mundhöhlenkrebs an 7. Stelle aller bösartigen Tumoren. Auch Frauen erkranken immer häufiger an Mundhöhlenkrebs. Weltweit steigen die Krebserkrankungen der Mundhöhle an. Quelle: Patientenleitlinie Mundhöhlenkrebs, Deutsche Krebshilfe.
Anzeichen von Mundhöhlenkrebs
Zur Mundschleimhaut gehören unter anderem folgende Strukturen:
- Die Innenseiten der Lippen
- Die Innenseite der Wangen
- Das Zahnfleisch
- Der Mundboden
- Der harte Gaumen
- Der vordere Bereich der Zunge
Die Mundhöhle ist von einer Schleimhaut umgeben, die aus sogenanntem Plattenepithel besteht. Das sind fest miteinander verbundene Zellen, die äußere und innere Körperoberflächen bedecken. Etwa 95 von 100 bösartigen Tumoren der Mundhöhle gehen vom Plattenepithel der Mundschleimhaut aus. Meistens bilden sich Tumore auf der Zunge oder dem Mundboden.
Download: Krebs der Mundhöhle – Risikofaktoren und Anzeichen Broschüre der KBV (Kassenärztliche Bundesvereinigung)
Rechtzeitige Diagnose ist überlebenswichtig
Richtig gefährlich wird es, wenn Mundhöhlenkrebs streut. Oft bilden sich Metastasen in den Lymphknoten, die in den frühen Stadien trotz moderner Röntgentechnik nicht zu erkennen sind. Deshalb ist es lebenswichtig, ungesunde Veränderungen rechtzeitig zu erkennen.
Anzeichen für ungesunde Veränderungen der Mundschleimhaut:
- weiße oder rote Flecken auf der Mundschleimhaut
- wunde Stellen im Mund, die leicht bluten
- Schwellungen
- plötzliche Zahnlockerungen
- Schluckstörungen
- Schwierigkeiten beim Sprechen
- Fremdkörpergefühl
- Mundgeruch
- Schwellungen am Hals
Die Deutsche Krebshilfe empfiehlt: „Wenn eines dieser Anzeichen länger als zwei Wochen anhält, sollten Sie sofort einen Spezialisten aufsuchen!“
Prophylaxe in der Zahnarztpraxis als Krebsvorsorge
Da erst fortgeschrittene Tumore Schmerzen verursachen, ist der regelmäßige Besuch in der Zahnarztpraxis auch eine wichtige Krebsvorsorge.
Der Profi in der Praxis erkennt ungesunde Veränderungen sofort und kann Sie zu einem Spezialisten überweisen. Auf eine Eigendiagnose sollten Sie sich lieber nicht verlassen. Die gefährlichen Geschwüre tauchen meistens weit hinten im Mundraum auf, wo sie ohne professionelle Hilfe nur schwer zu entdecken sind.
„Gehen Patienten also regelmäßig zur Prophylaxe, retten sie nicht nur ihre Zähne, sondern verringern auch das Risiko, an Tumoren zu erkranken!“ Mehr lesen: Vorsorgemuffel leben gefährlich!
Der Zahnarzt hingegen weiß, wonach er suchen muss. Er schaut sich den Zustand der Mundschleimhaut im Uhrzeigersinn mit einer speziellen Lampe und einem Mundspiegel an und fragt Sie nach geschwollenen Lymphknoten.
Eventuell tastet er verdächtige Stellen und Ihren Hals ab. Einige Zahnarztpraxen bieten auch sogenannte Mundschleimhautsprechstunden an. Fragen Sie in Ihrer Praxis nach mehr Informationen.
Gewebeprobe bringt Gewissheit
Sollte Ihr Zahnarzt Sie auf eine verdächtige Stelle ansprechen, ist das noch kein Grund zur Panik. Erst nach einer Gewebeprobe gibt es die Gewissheit, ob es sich dabei um Krebs handelt oder um eine harmlose Veränderung. Die Entnahme des Gewebes findet unter einer örtlichen Betäubung statt. Sie werden von dem Eingriff also nichts spüren.
- Etwa fünf von 100 bösartigen Tumoren betreffen die Mundhöhle. Bei Männern steht die Erkrankung an siebter Stelle aller bösartiger Tumore. Wenn die Veränderung tatsächlich bösartig ist, stimmt Ihr Zahnarzt sich mit Fachärzten über die weitere Vorgehensweise ab. Eventuell kann die Therapie langfristige Folgen für die Zahngesundheit haben. Deswegen ist es sinnvoll, vorher mit Ihrem Zahnarzt einen Behandlungsplan zu vereinbaren.
Sprechen Sie Ihren Zahnarzt auf das Thema Krebsvorsorge an. Er wird gemeinsam mit Ihnen Ihr Risiko einschätzen und gegebenfalls die Zeit zwischen den Vorsorgeterminen verkürzen. Dann kann sich der Mundhöhlenkrebs nicht unbemerkt an Ihrer Gesundheit vorbeischleichen.
Der Weltkrebstag findet jährlich am 4. Februar statt. In diesem Jahr feiert er sein 20-jähriges Jubiläum. Das Motto lautet: „ICH BIN UND ICH WERDE“. Mehr Informationen finden Sie hier: Weltkrebstag 2020