Rettet Zähne putzen Leben? Nicht direkt! Aber eins steht fest: Gesunde Zähne sind ein wesentlicher Faktor unserer allgemeinen Gesundheit. Gesunde Zähne sind wichtig für ein starkes Immunsystem – gerade jetzt, in Zeiten der Corona-Pandemie. Wie die Parodontitis, COVID-19 und der Schlaganfall hier zusammenhängen, erklären wir Ihnen zum Welt-Schlaganfall-Tag (29. Oktober).
Wichtig zu wissen
- Schlaganfälle entstehen meist durch Arteriosklerose.
- Bei einem Schlaganfall wird die Durchblutung im Gehirn schlagartig gestört.
- So kann es sein, dass bestimmte Körperfunktionen zeitweise oder dauerhaft ausfallen.
- Eine Infektion mit dem Corona-Virus SARS-CoV-2 kann das Risiko für Schlaganfälle erhöhen.
- Was viele nicht wissen: Auch die Parodontitis, die chronische bakterielle Entzündung des Zahnhalteapparats, kann zu Arteriosklerose führen.
- Damit kann eine Parodontitis indirekt das Schlaganfall-Risiko beeinflussen.
- Die wichtigsten Risikofaktoren für eine Parodontitis sind Rauchen, eine unzureichende Mundhygiene, Diabetes Mellitus, Adipositas und rheumatoide Arthritis.
- Wer sein Schlaganfall-Risiko senken will, muss einer Parodontitis vorbeugen oder diese wirksam therapieren.
- Dabei verengen sich die Gefäße aufgrund von Ablagerungen und können sich letztlich verschließen.
- Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen können Arteriosklerose begünstigen.
- Bei einem Schlaganfall zählt jede Minute: je früher geholfen wird, umso geringer sind mögliche Folgeschäden.
Ein Trio mit Risikopotenzial: Schlaganfall, Parodontitis und Corona
Schon lange ist bekannt, dass schwere Infektionen wie eine Grippe das Schlaganfallrisiko erhöhen können. Aktuelle Studien aus den USA und Griechenland zeigen, dass dies in verstärktem Umfang auch für COVID-19 Patienten gelten kann. (Quelle: Stiftung Deutsche
Schlaganfall-Hilfe: Virus greift Nerven und Gefäße an)
- Das Schlaganfall-Risiko war unter den Patienten mit einer Corona-Virus-Infektion achtmal höher als bei Influenz-Patienten.
- Die Sterberate war rund viermal so hoch wie bei Schlaganfallpatienten.
- Zudem fielen die Schlaganfälle gravierender aus und führten zu schwereren Behinderungen.
Umgekehrt schwächen die vom Schlaganfall geschädigten Nerven das Immunsystem und sorgen so dafür, dass die Patienten für eine Infektion mit SARS-CoV-2 anfälliger werden. Ein Teufelskreis.
Apropos Immunsystem: Hier finden sich die ersten Gemeinsamkeiten zwischen Schlaganfall, der Mundgesundheit und den Corona-Viren. Entzündungen wie eine Parodontitis fordern unser Immunsystem und schwächen es im Kampfe gegen Keime, Bakterien und Viren – im Kampf gegen das Corona-Virus. Lesen Sie hier, warum es gerade jetzt heißt: In Corona-Zeiten zum Zahnarzt: Sicher und wichtig für die Gesundheit!
Was ist ein Schlaganfall und wodurch wird er verursacht?
Ein Schlaganfall entsteht, wenn die Durchblutung im Gehirn schlagartig gestört wird und einzelne Bereiche unzureichend mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt werden. Mögliche Folgen: der zeitweise oder dauerhafte Ausfall bestimmter Körperfunktionen.
- Schlaganfälle entstehen meist durch Arteriosklerose.
- Durch Erkrankungen wie Bluthochdruck, Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen lagern sich Stoffe wie Blutzellen, Zuckermoleküle oder Cholesterin an den Wänden der Gefäße ab.
- Diese können sich verengen und letztlich verschließen.
- Ein ungesunder Lebensstil mit Bewegungsmangel, Übergewicht, Stress, Rauchen, zu viel Alkohol und ähnlichen Gewohnheiten, erhöht das Risiko für diese Erkrankungen.
Das heißt: Wer gesund lebt, erleidet weniger wahrscheinlich einen Schlaganfall.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen Mundgesundheit und Schlaganfall-Risiko?
Was viele nicht wissen: auch eine Parodontitis kann die Ursache für eine Arteriosklerose sein. So haben auch Parodontitis-Patienten ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle.
Das kommt so: Bei der landläufig auch als Parodontose bezeichneten Erkrankung ist der Zahnhalteapparat chronisch entzündet. Die Zähne können sich lockern und letztlich ausfallen. Problematisch für das Herz-Kreislauf-System wird es, wenn die Bakterien aus dem Mund in die Blutbahn gelangen.
Die Entzündungsbotenstoffe, die der Körper ihnen entgegensetzt, können sich an den Gefäßwänden ansammeln und sogenannte „atherosklerotische Plaques“ bilden. So werden die Gefäße weniger elastisch, das Blut kann langsamer fließen und das Herz wird stärker belastet – das Risiko für Schlaganfälle und Herzinfarkte steigt.
Das sagt die Wissenschaft:
- 2016 wurde in Japan eine Studie mit 100 Schlaganfall-Patienten durchgeführt: in der Hälfte der Speichelproben fanden die Wissenschaftler den Karieserreger Streptococcus Mutans. Dieser produziert ein Protein, mit dem er die Stabilität von Gefäßwänden schwächen kann. So steigt die Gefahr von Blutungen im Gehirn und das Risiko für einen Schlaganfall.
- Dänische Forscher fanden in einer Studie mit rund 18.000 Patienten aus dem gleichen Jahr heraus, dass das Risiko für Herz-Kreislauf-bedingte Todesereignisse wie Schlaganfälle bei den Probanden mit Parodontitis um das Doppelte und die Sterblichkeit um das 2,7-fache erhöht war.
- Eine 2018 in den USA durchgeführte Studie mit Probanden im Alter zwischen 45 und 69 Jahren ergab, dass Zahnverlust das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen um bis zu 25 Prozent ansteigen lässt. Je mehr Zähne der Proband verloren hatte, desto höher war sein Risiko.
Risikofaktoren der Parodontitis
Für die Entstehung einer Parodontitis gibt es zahlreiche Risikofaktoren, die zwar nicht in jedem Fall zu einer Erkrankung führen, diese aber maßgeblich begünstigen:
- Rauchen: Wer raucht, entwickelt bis zu 15 Mal wahrscheinlicher eine Parodontitis. Da Nikotin die Gefäße verengt, wird das Gewebe schlechter durchblutet, Wunden heilen langsamer und die Parodontitis schreitet schneller voran. Zudem werden auch die Zellen der Immunabwehr geschädigt.
- Mangelnde Mundhygiene: Wer seine Zähne nicht ausreichend pflegt (und die regelmäßige Vorsorge beim Zahnarzt schleifen lässt), macht die Bahn frei für Bakterien, die sich im Zahnhalteapparat ansammeln und letztendlich zu einer Parodontitis führen können.
- Schlecht eingestellter Diabetes Mellitus: Wenn der Diabetes bei einem Patienten schlecht eingestellt ist (HbA1c-Wert von mehr als 6,5), besteht für diese Patienten – im Vergleich zu Nichtdiabetikern und gut eingestellten Diabetikern – ein höheres Risiko für Parodontitis.
- Adipositas: Als „adipös“ werden Personen bezeichnet, die einen BMI (Body-Mass-Index) von 30 oder mehr aufweisen. Es ist nachgewiesen, dass adipöse Menschen häufiger an Parodontitis erkranken als nicht-adipöse.
- Rheumatoide Arthritis: Die rheumatoide Arthritis ist eine chronische Gelenkentzündung, bei der es zu einer Fehlregulation des Immunsystems kommt. Patienten mit rheumatoider Arthritis haben nachgewiesenermaßen ein erhöhtes Risiko für Parodontitis.
Lässt sich das Risiko für Schlaganfälle durch gesunde Zähne senken?
Wer mit seiner Zahngesundheit dazu beitragen möchte, sein Schlaganfall-Risiko zu senken, muss einer Parodontitis vorbeugen oder diese wirksam therapieren.
Das bedeutet konkret:
- Rauchen Sie nicht oder hören Sie mit dem Rauchen auf. Je weniger Sie rauchen, desto geringer ist Ihr Parodontitis-Risiko.
- Sorgen Sie für eine ausreichende Mundhygiene und gehen Sie regelmäßig zur Vorsorge. Nur so lässt sich eine Parodontitis verhindern bzw. wirksam behandeln.
- Achten Sie auf einen gesunden Lebensstil, um einen erworbenen Diabetes zu vermeiden. Sind Sie bereits an Diabetes erkrankt, stellen Sie sicher, dass Ihr HbA1c-Wert niedriger als 6,5 ist. So minimieren Sie das Risiko für eine Entzündung des Zahnhalteapparats.
- Halten Sie Ihre rheumatoide Arthritis unter Kontrolle, beispielsweise durch eine angepasste Ernährung. So schützen Sie sich vor einer vermeidbaren bakteriellen Zahnbettentzündung.
- Droht eine Parodontitis oder ist diese bereits aufgetreten, ist es wichtig, in kurzen und regelmäßigen Abständen unterstützend eine entsprechende Therapie beim Zahnarzt durchzuführen.
Achten Sie auch hier auf Anzeichen wie Zahnfleischbluten, Mundgeruch oder gelockerte Zähne. Eine Parodontitis verläuft in der Regel schmerzfrei und bleibt oft lange Zeit unentdeckt.
Der Schlaganfall: jede Minute zählt!
Auch der Schlaganfall kommt für die Betroffenen meist ohne Ankündigung: sie trifft im wahrsten Sinne des Wortes der Schlag.
- In Deutschland sind es pro Jahr rund 270.000 Fälle.
- Mittlerweile überleben doppelt so viele Menschen als noch vor 25 Jahren, aber der Schlaganfall ist die häufigste Ursache für Behinderungen im Erwachsenenalter.
- 60 Prozent der Betroffenen sind langfristig auf Hilfsmittel, Therapien oder Pflege angewiesen. (Quelle: Stiftung Deutsche Schlaganfall Hilfe).
- Um dramatische Folgeschäden zu verhindern, ist frühzeitige Hilfe nötig. Hier scheint die Angst vor einer Ansteckung mit Covid-19 vielen aktuell zu einem weiteren Risikofaktor zu werden.
“In der ersten Phase der Corona-Krise im Frühjahr 2020 verzeichneten manche Kliniken 30 Prozent weniger Schlaganfall-Patienten. Aus Sorge vor einer Covid-Ansteckung mieden viele Menschen mit leichteren, vorübergehenden Symptomen den Weg in die Klinik. Das kann fatale Folgen haben, denn oft folgt darauf ein zweiter, deutlich schwererer Schlaganfall”, informiert Dr. Michael Brinkmeier, Vorstand der Deutschen Schlaganfall-Hilfe.
Im Notfall
Schlaganfälle können in jeder Situation auftreten. Die Anzeichen: Seh-, Sprach- und Sprachverständnisstörungen, Lähmungs- und Taubheitsgefühle und starke Kopfschmerzen bemerkbar. Wer unsicher ist, ob er selbst oder das Gegenüber einen Schlaganfall erlitten hat, kann den FAST-Test (Face-Arms-Speech-Time) durchführen:
FAST-Test: Wer nicht in der Lage ist zu lächeln, beide Arme gleichzeitig zu heben und einen einfachen Satz nachzusprechen, muss sofort ins Krankenhaus.
Je schneller nach einem Schlaganfall die Therapie einsetzt, desto geringer sind seine Folgen („Time is brain“). Deshalb gilt: Jeder Schlaganfall ist ein Notfall!
Richtig handeln:
- Wählen Sie den Notruf 112
- Schildern Sie Symptome und Verdacht
- Geben Sie dem Betroffenen nichts zu essen und zu trinken. Da der Schluckreflex gestört ist, besteht Erstickungsgefahr
- Öffnen oder entfernen Sie Kleidungsstücke
- Befreien Sie die Atemwege: nehmen Sie beispielsweise etwaige Prothesen heraus
- Bei Bewusstlosigkeit: bringen Sie den Betroffenen in die stabile Seitenlage
- Überwachen Sie Atem und Puls und führen Sie bei Bedarf eine Herzdruckmassage durch
- Falls bekannt: notieren Sie Symptome und Zeitpunkt sowie eine etwaige Medikation
Bleiben Sie gesund! In jeder Hinsicht
Ein Schlaganfall kann jeden treffen und die Gesundheit massiv beeinflussen oder gar zum Tod führen. Daher ist es wichtig, das Risiko für Schlaganfälle so gering wie möglich zu halten.
Neben anderen Faktoren lässt sich das Schlaganfall-Risiko über die Zahngesundheit beeinflussen. Wer einer Parodontitis aktiv entgegen wirkt oder eine bestehende Parodontitis wirksam bekämpft, indem er Risikofaktoren eliminiert und gesund lebt, erleidet (statistisch) weniger wahrscheinlich einen Schlaganfall.
Welt-Schlaganfall-Tag (29. Oktober): 2006 von der Weltschlaganfall Organisation (WSO) ins Leben gerufen, soll dieser Tag öffentlich auf das Thema Schlaganfall und die Präventionsmöglichkeiten aufmerksam machen.