In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) strecken Patienten ihrem Arzt regelmäßig die Zunge entgegen. Das ist nicht unhöflich, sondern ziemlich schlau. Denn die Asiaten wissen längst, dass sich Allgemeinerkrankungen wie Krebs, Leukämie und Osteoporose an Zähne, Zunge und Mundschleimhaut zeigen können. Zum Weltkrebstag (4. Februar 2019) erklären wir, welche Erkrankungen der Zahnarzt bei einem Blick in unseren Mund erkennen kann.

Zahnarzt erkennt bei Kontrolle am Weltkrebstag 2019 Krankheiten.

Das Wichtigste in Kürze

  • Etwa 15 Prozent aller seltenen Erkrankungen werden im Mund oder Kiefer erkannt.
  • Vorstufen von Mundhöhlenkrebs kann der Zahnarzt schon durch Betrachten von Mundschleimhaut oder Zunge erkennen.
  • Auch Anzeichen für Erkrankungen wie Osteoporose, Metabolisches Syndrom und Rheuma kann der Zahnarzt erkennen.
  • Die Vorsorge in der Praxis ist Gesundheitsvorsorge für den gesamten Körper.

Wie erkennt der Zahnarzt Mundhöhlenkrebs?

Mundhöhlenkrebs ist eine von 300 derzeit bekannten Krebsarten. Jährlich erkranken etwa 10.000 Menschen in Deutschland an bösartigen Tumoren der Mundhöhle, des Rachens und des Kehlkopfes. Die ungesunden Veränderungen entstehen nicht über Nacht, sondern entwickeln sich über viele Monate oder Jahre.

Beim Blick in den Mund kann der Zahnarzt Vorstufen von Mundhöhlenkrebs schnell erkennen – meistens sogar mit dem bloßen Auge. Für eine sichere Diagnose nimmt er aus einer verdächtigen Stelle eine Gewebeprobe.

Typische Anzeichen von Mundhöhlenkrebs sind:

  • weißliche oder rote Flecken
  • ein Fremdkörpergefühl im Mund
  • Zahnlockerung ohne erkennbaren Grund
  • Schmerzen beim Kauen und Sprechen
  • Taubheitsgefühl an Zunge, Zähnen oder Lippe
Mundhöhlenkrebs Neuerkrankungen Männer und Frauen

Quelle: Bundeszahnärztekammer

Welche Krankheiten kann der Zahnarzt noch erkennen?

Wer im Zahnarztstuhl den Mund aufmacht, sollte lieber ehrlich sein. Notlügen wie “Natürlich habe ich mir regelmäßig die Zähne geputzt, Herr Doktor” sind sinnlos. Denn der Zustand von Zähnen, Zunge und Zahnfleisch verrät dem Zahnarzt mehr als wir denken. Leicht blutendes Zahnfleisch etwa kann ein Hinweis auf eine Zahnfleischentzündung sein, lockere Zähne sprechen für eine Parodontitis und weißer Belag auf der Zunge für ein Problem im Magen-Darm-Trakt.

Mehr Wissen: Etwa 15 Prozent aller seltenen Erkrankungen werden im Mund oder Kiefer erkannt. Eine Erkrankung gilt als selten, wenn 1 von 2000 Menschen betroffen ist.

Es gibt aber noch mehr erstaunliche Zusammenhänge zwischen Mund- und Allgemeingesundheit, die der Zahnarzt beim Blick in den Mund erkennen kann.

Osteoporose und Mundgesundheit

Als Vorbereitung auf eine Implantation überprüft der Zahnarzt immer auch die Dichte des Kieferknochens. Auf Röntgenbildern erkennt er, ob der Knochen stabil genug ist und die Zahnimplantate sicher halten kann. Der Kieferknochen ist in der Regel nicht besonders stark vom Knochenschwund betroffen.

Zeigen sich auf dem Röntgenbild dennoch Substanzverluste, kann das für den Zahnarzt unter Umständen ein Hinweis auf ein erhöhtes Frakturrisiko sein. Denn am Kieferknochen treten solche Mangelerkrankungen in der Regel früher auf als am Skelett. Mit Blick auf das dentale Röntgenbild kann der Zahnarzt also die Wahrscheinlichkeit eines möglichen Knochenbruchs feststellen.

Mehr Infos: Zum Weltosteoporosetag 2018: Das sind die Zusammenhänge zwischen Zähnen und Knochenschwund

Hypophosphatasie erkennen

Die Hypophosphatasie, kurz HPP, ist eine angeborene Erkrankung des Knochenstoffwechsels. Den Betroffenen fehlt ein bestimmter Enzymkomplex, der unter anderem für den Aufbau von gesundem Knochen verantwortlich ist. Die Hypophosphatasie kann in jeder Lebensphase auftreten und zeigt sich unter anderem durch Symptome wie:

  • Karies
  • Zahnverlust
  • Knochenbrüche
  • Muskelschwäche
  • Gelenkverkalkungen

Die Diagnose von HPP fällt aufgrund der vielen Symptome oft schwer. Bei Kindern ist es etwas leichter: Frühzeitiger Verlust der Zähne ohne erkennbaren Grund oder ähnliche Symptome wie bei einer Parodontitis bringen den Zahnarzt auf die Fährte. Er nimmt die Anzeichen zum Anlass, dem Verdacht auf eine Hypophosphatasie nachzugehen.

Diabetes und die Parodontitis

Diabetes und Parodontitis stehen in einem engen Zusammenhang. Die richtige Einstellung des Blutzuckers kann den Verlauf der chronischen Entzündung des Zahnbetts beeinflussen – und die Parodontitis kann wiederum ein erster Hinweis auf die Stoffwechselstörung sein.

Wenn sich die Zähne trotz regelmäßiger Pflege lockern und der Knochen an Substanz verliert, geht der Zahnarzt auf Ursachenforschung. In Zusammenarbeit mit dem Hausarzt finden die Mediziner schnell heraus, ob Diabetes dahinter steckt.

Mehr Wissen: Diabetes-Patienten haben ein dreifach erhöhtes Risiko, an Parodontitis zu erkranken!

Parodontitis und metabolisches Syndrom

Menschen mit dem sogenannten metabolischen Syndrom leiden an vier Hauptsymptomen: bauchbetonte Fettleibigkeit, Bluthochdruck, gestörter Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel. Einige Wissenschaftler sehen einen Zusammenhang zur Parodontitis, der chronischen Entzündung des Zahnbetts. So zeigten Studien, dass Patienten mit einer milden, mittelstarken und ausgeprägten Parodontitis parallel auch an den Symptomen des metabolischen Syndroms litten.

“Bei Patienten über 45 Jahre, die an einer schweren Parodontitis litten, lag eine 2,3-fach höhere Wahrscheinlichkeit vor, das metabolische Syndrom zu entwickeln im Vergleich zu Personen ohne Parodontitis.” Quelle: Bayerische Landeszahnärztekammer

Weitere Erkrankungen, die in einem engen Zusammenhang mit der Gesundheit von Zähnen, Zahnfleisch und der Mundschleimhaut stehen, sind zum Beispiel:

  • Herz- und Kreislauferkrankungen
  • Rheumatoide Arthritis
  • Lungenentzündungen
  • Untergewichtige Frühgeburten
  • Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)

Lesen Sie hier mehr zu den Einflüssen unserer Mundgesundheit auf den Körper: Von Krebs bis Impotenz: So können Erkrankungen im Mund unserer Gesundheit schaden!

Der Zahnarztbesuch ist Gesundheitsvorsorge – für jeden!

Der Besuch beim Zahnarzt sollte deshalb unbedingt seinen festen Platz im Kalender haben. Am besten zweimal im Jahr! Das gilt natürlich auch für die Männer, denn die müssen beim Thema Mundhöhlenkrebs besonders aufpassen. Bösartige Veränderungen an der Mundschleimhaut sind beim starken Geschlecht die fünfthäufigste Krebsneuerkrankung – bei Frauen nur die fünfzehnte!

Andere, meist unbeliebte und gerne verschwiegene Vorsorgeuntersuchungen – wie Darmspiegelung oder Prostata Untersuchung – lassen sich natürlich nicht ersetzen. Aber die Zahnprophylaxe kann zumindest eine “Hintertüre” sein für die gelungene Gesundheitsvorsorge.

Zum Weltkrebstag:
Der Weltkrebstag rückt jedes Jahr am 4. Februar die Vorbeugung, Erforschung und Behandlung der Erkrankung in den Vordergrund. Krebs ist immer noch eine der häufigsten Todesursachen weltweit. Das erste Mal wurder der Aktionstag 2007 von der Welt-Krebsorganisation (UICC) ausgerufen.