Wenn ein Verwandter pflegebedürftig wird, kommt auf die Angehörigen eine ganze Welle an Fragen zu. Es geht um Verantwortung, Pflichten und die Frage: Wer kümmert sich eigentlich nun um Vater, Mutter, Oma oder Opa? Das betrifft auch die Zahnpflege. Zum Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai geben wir Angehörigen und Pflegekräften Tipps zur Mundhygiene bei pflegebedürftigen Senioren.
Senioren brauchen Hilfe bei der Zahnpflege
Laut Diakonie Deutschland fehlen aktuell 38.000 Pflegekräfte in der ambulanten und stationären Pflege. Dabei brauchen viele Senioren dringend Hilfe. Nach Ergebnissen der Fünften Deutschen Mundgesundheitsstudie sind 30 Prozent der Menschen mit Pflegebedarf nicht mehr in der Lage, selbstständig die Zähne oder ihre Prothese zu reinigen. 60 Prozent der Betroffenen können die notwendigen Zahnarztbesuche nicht mehr eigenständig organisieren und wahrnehmen. Darunter leidet natürlich die Mundgesundheit.
„Wir sehen oft schlimme Verhältnisse im Mund älterer Menschen, die bei der Zahnpflege auf Unterstützung angewiesen sind“, berichtet Zahnärztin Silke Lange, Vorstandsreferentin für Seniorenzahnmedizin der Zahnärztekammer Niedersachsen. „Massive bakterielle Beläge auf Zähnen und Zahnersatz, Entzündungen am Zahnfleisch und in den Mundschleimhäuten, Wucherungen, fortgeschrittene Karies oder Druckgeschwüre durch unsaubere, schlechtsitzende Prothesen sind keine Seltenheit bei hilfsbedürftigen Menschen.“ Quelle: ZM Online
Deshalb ist es wichtig, dass Verwandte und Pflegekräfte möglichst gut geschult sind. Zahnarztpraxen bieten hier professionelle Hilfe und Unterstützung an. Die richtigen Tipps zur Zahnpflege bei Senioren leisten einen wichtigen Beitrag zu einer guten Mundgesundheit im Alter.
VIDEO: Bundeszahnärztekammer (BZÄK) / Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP)
10 Tipps zur Zahnpflege bei Pflegebedürftigen
1. An der Mundpflege beteiligen
Solange es noch möglich ist, sollte sich die pflegebedürftige Person aktiv an der Mundpflege beteiligen. Geben Sie Tipps und putzen Sie – wenn nötig – anschließend ausgelassene Stellen nach: Bei einer stark eingeschränkten Motorik, ist mehr Hilfe nötig. Beziehen Sie die pflegebedürftige Person trotzdem in die Zahnreinigung mit ein, indem Sie jeden Schritt genau erklären.
2. Wechselwirkung mit Medikamenten beachten
Viele ältere Menschen leiden unter Mundtrockenheit. Unter anderem verursachen bestimmte Medikamente die Xerostomie, so der Fachbegriff für den trockenen Mund. Laut der Landeszahnärztekammer Hessen gibt es über 400 Arzneimittel, die Mundtrockenheit hervorrufen oder begünstigen. Ein trockengelegter Mund ist eine Gefahr für die Zähne, weil ihnen mit dem Speichel der natürliche Schutzmantel fehlt. Die Folge: Karies entwickelt sich schneller. Bestimmte Mundspülungen helfen, den Speichelfluss anzuregen. Auch der Hausarzt sollte bei Mundtrockenheit informiert werden. Eventuell ist eine Umstellung oder Reduzierung der Dosis möglich.
3. Abwechslungsreicher Speiseplan
Kauen ist gesund für die Zähne und die Kiefermuskulatur. Daher sollten die Mahlzeiten möglichst nicht püriert werden. Vollkornbrot und Gemüse regen zum Kauen und fördern den Speichelfluss. Dagegen gehören Süßigkeiten und klebrige Speisen, die in den Zähnen oder am Zahnersatz hängen bleiben, nur in Ausnahmefällen auf den Speiseplan. Besonders nach den Mahlzeiten heißt es für die Senioren dann: immer genügend trinken! Das Wasser spült Speisereste aus dem Mund und ermöglicht den Zähnen, sich von Säureangriffen zu erholen.
Der richtige Sitz einer Voll- oder Teilprothese entscheidet auch darüber, wie gesund und vielfältig sich die pflegebedürftige Person ernähren kann. Bei einer schlecht sitzenden Prothese kann das Essen im schlimmsten Fall sogar schmerzhaft sein. Dann droht eine Mangelernährung. Implantatgetragener Zahnersatz ist deshalb auch im Seniorenalter noch eine gute Möglichkeit, um mit festsitzenden Zähnen immer noch das essen zu können, was einem schmeckt und gesund ist.
#FragDenZahnarzt: Für wen sind Zahnimplantate geeignet?
4. Weiche Zahnbürste nutzen
Das Zahnfleisch von Senioren mit Pflegebedarf ist häufig viel empfindlicher. Daher sollten die Zähne mit einer weichen Zahnbürste gereinigt werden. So besteht nicht die Gefahr, dass die Bürste beim Putzen zu fest aufgedrückt wird und Zähne wie Zahnfleisch schädigt.
5. Zahnersatz regelmäßig reinigen
Wenn die pflegebedürftige Person einen Zahnersatz trägt, muss auch dieser täglich gereinigt werden. Dazu muss die Prothese herausgenommen und sowohl von der Außen- als auch der Innenseite mit einer speziellen Zahnbürste geputzt werden. Als Reinigungsmittel empfiehlt sich eine ph-neutrale Seife oder Waschpaste.
VIDEO: Bundeszahnärztekammer (BZÄK) / Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP)
#FragDenZahnarzt: 10 Tipps für die optimale Prothesenreinigung
6. Zahnseide & Zwischenraumbürsten verwenden
Mit dem Alter zieht sich das Zahnfleisch immer weiter zurück, dadurch werden die Lücken zwischen den Zähnen größer. Hier können Speisereste hängen bleiben, die zu Zahnbelag und Mundgeruch führen. Deshalb ist es wichtig, die Zwischenräume täglich mit entsprechenden Hilfsmitteln zu reinigen – Zahnzwischenraumbürsten und Zahnseide eignen sich hier besonders.
7. Bestehende Entzündungen behandeln lassen
Leidet die pflegebedürftige Person bereits an entzündetem Zahnfleisch, muss die Entzündung unbedingt behandelt werden. Ohne Hilfe vom Zahnarzt wird aus der Gingivitis schnell eine Parodontitis (bakterielle Zahnbett-Entzündung) entwickeln – und dann ist mehr als nur das Zahnfleisch in Gefahr. Eine Parodontitis erhöht das Risiko unter anderem für:
- Diabetes
- rheumatoide Arthritis
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Zahnverlust
- Magenkrebs
8. Zahnbürste mit großem Griff
Eine spezielle Zahnbürste erleichtert die Reinigung, wenn die motorischen Fähigkeiten bereits eingeschränkt sind. Dabei sollte nach der KAI-Technik vorgegangen werden: Kauflächen, Außenflächen, Innenflächen. Auch die Zunge nicht vergessen. Mit einem sogenannten Zungenschaber kann Belag von der Oberfläche entfernt werden.
9. Fluoride schützen den Zahnschmelz
Der Mineralstoff Fluorid stärkt den Zahnschmelz und schützt die Zähne vor Karies. Das ist besonders bei Senioren wichtig, da hier die Wurzelkaries ein großes Problem ist. Aufgrund der schmerzhaften Erkrankung drohen eine Mangelernährung und schwere Gesundheitsschäden. Die Zahnpasta sollte deshalb unbedingt Fluorid enthalten, um das Kariesrisiko zu senken.
#FragDenZahnarzt: Fluoride in der Zahnpasta: Unbedenklich und wichtig!
10. Der regelmäßige Zahnarztbesuch
Mindestens zweimal im Jahr sollte der Zahnarzt bei den Seniorenzähnen nach dem Rechten schauen. So erkennt er frühzeitig Erkrankungen wie die Parodontitis und kann handeln. Sollte die pflegebedürftige Person mobil eingeschränkt sein, kann der Zahnarzt auch auf einen Hausbesuch vorbeikommen. Hier ist es sinnvoll, sich mit dem zuständigen Zahnarzt über die Möglichkeiten auszutauschen.
Zum Internationalen Tag der Pflege: Der Internationale Tag der Pflege wird jedes Jahr am 12. Mai gefeiert. Mit diesem Aktionstag soll an die Geburt der britischen Krankenpflegerin Florence Nightingale erinnert werden, die als Pionierin der modernen Krankenpflege gilt.
Danke für die guten Informationen zur Prophylaxe. Gerade im Alter sind die Zähne empfindlich und gefährdet. Da lohnt es sich sorgsam mit den verbleibenden Zahnjahren umzugehen.