Im kleinen Ort Oimjakon in Russland ist es so kalt wie nirgendwo anders auf der Erde. – 67,8 °C wurden hier im Februar 1933 gemessen. Wer an empfindlichen Zähnen leidet, bleibt den Winter am besten zu Hause. Denn eisige Temperaturen mögen sensible Zähne gar nicht. Zum Glück wird es bei uns nicht so kalt wie in Russland. Trotzdem leiden auch hier Menschen bei Kälte an blitzartigen Zahnschmerzen. Etwa 40 Prozent der Deutschen sind von der Dentinhypersensibilität betroffen. Wir erklären, was die Ursachen für schmerzempfindliche Zähne sind und was hilft!
Das Wichtigste auf einen Blick:
- Empfindliche Zähne erzeugen einen stechenden Schmerz bei der Berührung mit kalten oder heißen Temperaturen.
- Die häufigste Ursache ist Zahnfleischrückgang, wodurch der Zahnhals freiliegt.
- Dentinkanälchen im Zahnhals reagieren auf den äußeren Reiz und leiten ihn ins Zahnmark weiter.
- Zahnfleischrückgang durch Entzündungen lässt sich mit Hilfe einer regelmäßigen Prophylaxe vorbeugen.
- Ist eine falsche Putztechnik schuld am Rückgang des Zahnfleischs, gibt der Zahnarzt Tipps für eine schonende Reinigung.
- Der Zahnarzt kann die offenen Dentinkanäle versiegeln und die Reizweiterleitung stoppen.
Typische Auslöser für schmerzempfindliche Zähne
Bei Süßigkeiten, Glühwein und Eis werden empfindliche Zähne zur Genussbremse. Denn anstelle des wohligen Geschmacks spüren wir einen stechenden Schmerz, der bis in den Kiefer schießt. Besonders starke Temperaturschwankungen im Winter sind für die sensiblen Zähne einfach zu viel. Nach dem frostigen Heimweg baden wir sie in heißem Tee. Und bereuen es direkt darauf wieder, denn sie bestrafen unseren Wunsch nach Wärme mit Schmerzen.
Hypersensible Zähne reagieren nicht nur auf Temperaturen. Auch Süßes und Saures kann Schmerzen hervorrufen – genauso wie zu starkes Aufdrücken mit der Zahnbürste.
Diese Reize führen zu Schmerzen an empfindlichen Zähnen:
- heiße oder kalte Getränke
- süße oder saure Lebensmittel
- Verzehr von Eis
- einatmen kalter Luft
- falsche Zahnputztechnik
Das sind Gründe für empfindliche Zähne
Der häufigste Grund für schmerzempfindliche Zähne sind freiliegende Zahnhälse. Ein gesunder Zahn weist einen natürlichen Schutz auf: den Zahnschmelz. Das ist eines der härtesten Materialien auf Erden. Der Zahnschmelz überzieht den Zahn wie eine Isolierschicht und schützt ihn vor Umweltreizen – wie Hitze oder Kälte.
Empfindliche Zähne nach Zahnfleischentzündung
Normalerweise reicht der Zahnschmelz bis an den Zahnfleischrand. Bakterielle Entzündungen – wie die Gingivitis oder die Parodontitis – sorgen für einen Rückgang des Zahnfleischs. Der Zahnhals liegt ungeschützt frei.
In diesem Teil des Zahnes zwischen Krone und Wurzel befinden sich tausende feinster Kanäle. Dentinkanälchen, die ins Zahnmark führen und Reize direkt zum Nerv leiten, mit der bekannten Folge – Schmerzen!
Den Rückgang des Zahnfleischs und die Freilegung der Wurzeloberflächen bezeichnet man als Rezession. Aus dem Lateinischen “recessio” übersetzt bedeutet es soviel wie “das Zurückgehen”. Meistens verursacht eine zu große Krafteinwirkung auf das Zahnfleisch die Rezession. Auch in Zusammenhang mit Parodontitis wird der Begriff häufig verwendet.
Power-Schrubben ruiniert das Zahnfleisch
So gut und wichtig das regelmäßige Putzen der Zähne ist – wer es falsch macht, schadet den Zähnen. Schnelle Putzbewegungen, starker Druck und zu harte Borsten schrubben das empfindliche Zahnfleisch weg und legen die Zahnhälse frei.
Zahnbürsten mit weichen abgerundeten Borsten reinigen Zähne und den Zahnfleischrand schonend. Auch die Wahl der geeigneten Zahnpasta ist wichtig: Sie sollte Aminoflouride und keine aggressiven, groben Putzkörper und aufhellende Substanzen enthalten.
Hier erfahren Sie mehr zur Wahl der richtigen Zahnbürste: Elektrische Zahnbürsten: Putzen mit Schall oder mit Rotation?
Empfindliche Zähne durch Zahnschmelz-Defekt (MIH)
Kinderzähne sind in der Regel nicht schmerzempfindlich. Der Zahnschmelz ist noch intakt und schützt die Zähne vor äußeren Einflüssen. Doch immer mehr Kindern fehlt dieser Schutz. Sie leiden an der sogenannten Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation (MIH).
Bei jedem siebten Kind in Deutschland stellen Zahnärzte die Diagnose “Kreidezähne”. Damit ist MIH in einigen Altersgruppen weiter verbreitet als Karies. Bei den betroffenen Zähnen ist der Zahnschmelz nur ein Zehntel so hart wie normalerweise. Bereits vor dem Durchbruch platzen große Teile ab – und der Kinderzahn steht ohne Schutz da.
Mögliche Folgen der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation:
- starke Schmerzen bei heißen und kalten Temperaturen
- besondere Empfindlichkeit bei Berührungen
- Gefahr des Abbruchs von Zahnteilen
- Schonhaltungen und Vermeidung der Zahnpflege
- Fehlstellungen aufgrund von verändertem Kauverhalten
Zähneknirschen lässt die Zähne sensibler werden
Der Kauapparat wird häufig als Stressventil bezeichnet. Und wenn wir uns Luft machen, geht das häufig auf Kosten der Zähne. Wir reiben nachts die Zahnreihen aufeinander, weil wir Erlebnisse vom Tag im Schlaf verarbeiten. Beim nächtlichen Zähneknirschen entstehen Kräfte von bis zu 480 kg/cmᒾ. Das entspricht dem 10-fachen des normalen Kaudrucks.
Zähne und Zahnfleisch machen das nicht lange mit. Durch die Überbelastung des Kauapparats zieht sich das Zahnfleisch zurück. Der Zahnschmelz bekommt kleinere Risse und kann den Zahn nicht mehr ausreichend schützen. Die Zähne werden empfindlicher.
Häufig zeigen sich schmerzempfindliche Zähne daher als eines von vielen Symptomen der Craniomandibulären Dysfunktion (CMD). Mit Hilfe einer Aufbiss-Schiene sorgt der Zahnarzt für Entspannung zwischen den Zahnreihen und entlastet den Kauapparat.
Der Zahnarztbesuch als wirksames Schmerzmittel
Bei der Frage nach der Behandlung von schmerzempfindlichen Zähnen sollten Patienten auf den Rat des Zahnarztes vertrauen. Der Profi in der Praxis erkennt die Anzeichen, bevor es beim Teetrinken weh tut und leitet entsprechende Gegenmaßnahmen ein.
- Die empfindlichen Stellen können mit Fluoridlacken oder dünnflüssigen Kunststoffen behandelt werden. Der Zahnarzt verschließt offene Dentinkanälchen und reduziert die Empfindlichkeit der Zähne für mehrere Monate.
- Liegen allerdings massive Schädigungen der Zahnsubstanz vor, reichen diese Maßnahmen nicht mehr aus. Gemeinsam mit dem Patienten findet der Zahnarzt hier die optimale Behandlungsmethode.
- Auch eine chirurgische Zahnfleischkorrektur kann helfen. Dabei ersetzt der Zahnarzt verlorengegangenes Zahnfleisch mit einem Transplantat.
5 Fragen und Antworten zu empfindlichen Zähnen
Wenn Sie gerade keinen Zahnarzt in der Nähe haben, hilft fürs Erste eine Gewürznelke. Die enthält Eugenol, das schmerzstillend und entzündungshemmend wirkt. Einfach die Nelke auf den Zahn legen und darauf beißen.
Für den Notfall: In unserem Beitrag 10 Hausmittel gegen Zahnschmerzen: Was hilft? stellen wir Ihnen weitere bewährte Ersthelfer aus dem Küchenschrank vor.
Nach einer Zahnaufhellung sind die Zähne etwas empfindlicher. Das liegt an dem Bleachingmittel, das den Zahnschmelz angreift und vorübergehend schwächt. Normalerweise verschwinden die Beschwerden nach zwei bis drei Tagen wieder.
Es gibt sensitive Zahnpasten für schmerzempfindliche Zähne. Die Pasten enthalten in der Regel weniger Putzkörper, die den Zahnschmelz abreiben. Außerdem ist es wichtig, eine Zahnpasta mit Fluorid zu verwenden. Der Mineralstoff stärkt den Zahnschmelz und unterstützt ihn bei der Remineralisierung nach Säureattacken.
Damit die Krone auf den Zahn passt, muss er in der Regel abgeschliffen werden. Dadurch geht Zahnsubstanz verloren. Der fehlende Zahnschmelz führt dazu, dass der Zahn empfindlicher reagiert. Wenn Sie nach einer Überkronung an empfindlichen Zähnen leiden, berichten Sie Ihrem Zahnarzt davon.
Bakterien im Mund zersetzen den Zucker zu Säure, die den Zahnschmelz angreift. Besonders gefährlich wird es, wenn wir immer wieder zu Süßigkeiten greifen und den Zähnen keine Pause gönnen. Der Zahnschmelz hat keine Zeit, sich zu erholen und kann die Zähne nicht mehr schützen. Die Folge: schmerzempfindliche Zähne.
Am besten naschen Sie konzentriert und danach nicht mehr. Unterstützen Sie die Remineralisierung des Zahnschmelzes, indem Sie viel trinken und einen zuckerfreien Kaugummi kauen. Das fördert den Speichelfluss und hilft beim Rücktransport wichtiger Schutzbausteine des Zahnschmelzes.
Wenn wir im Winter vor Kälte zittern, dann nur weil wir zu dünn angezogen sind – oder uns gerade in Oimjakon in Russland befinden. Zahnschmerzen an empfindlichen Zähnen sollten uns mit dem richtigen Zahnarzt an der Seite keine Angst mehr machen.