Film ab? Beim Biofilm ist die Antwort darauf ein großes Ja! Denn der Biofilm läuft auf keiner Mattscheibe, sondern auf unseren Zahnoberflächen! Das Gemisch aus Bakterien, Pilzen und Viren kann Zähnen und Zahnfleisch richtig gefährlich werden – und sogar die Allgemeingesundheit angreifen! Wir verraten, was den Biofilm so gefährlich für uns macht und wie wir uns davor schützen können.

Spiegel zeigt Biofilm, Plaque, Zahnbelag auf Zähnen und Zunge!

Oraler Biofilm: Eine clevere Lebensgemeinschaft aus Bakterien, Viren und Pilzen

Rund 500 verschiedene Bakterienarten, Pilze und Viren tummeln sich in dem Belag auf unseren Zähnen – auch oraler Biofilm, Zahnbelag oder Plaque genannt. Die meisten Arten von ihnen sind nützlich und nur ein Bruchteil schädlich – die sogenannten pathogenen, also krankmachenden Spezies. Bleibt deren Anzahl gering, ist das Gleichgewicht zwischen nützlichen und schädlichen Bakterienarten im Lot.


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Vorsicht vor dem Streptococcus mutans!

Der sogenannte Streptococcus mutans, eine Streptokokkenart, gehört nicht zur Mundflora, sondern findet seinen Weg durch Übertragung in die Mundhöhle – zum Beispiel beim gemeinsamen Ablecken eines Löffels. Er löst Karies und Entzündungen an den Zahnwurzeln aus und wird auch für den Körper gefährlich: Gelangen die Bakterien in den Organismus, können sie Blutvergiftungen, Abszesse in Lunge oder Leber sowie Entzündungen der Herzklappen verursachen.

Doch der Biofilm besteht nur zu rund einem Fünftel aus den Mikroorganismen selbst: Zum größten Teil – rund 80 Prozent – setzt sich die bakterielle Lebensgemeinschaft aus Wasser und Polysacchariden zusammen. Polysaccharide sind Vielfach- oder Mehrfachzucker, die aus bis zu 500 Einfachzucker-Molekülen bestehen, die nicht wasserlöslich sind und so gut im Biofilm überleben.

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Kuscheliges Ambiente – der Biofilm legt Wert auf eine angenehme Umgebung

Warm und feucht – so liebt es der Biofilm. Je besser für ihn die Lebensbedingungen im Mund sind, desto lieber lagert er sich an den Zähnen an. Passen für ihn zum Beispiel pH-Wert oder Sauerstoffangebot gut, heißt es: andocken und vermehren. Um die perfekten Lebensbedingungen zu erhalten, bildet der zähe Belag eine Matrix – eine Art Mantel, die die Bakterien schützt und sie nährt.

Wussten Sie schon? Ein Kubikmillimeter oralen Biofilms beherbergt rund 100 Millionen Mikroorganismen.

“Ich bau eine Stadt für dich”: Von Lebensmittelindustrie bis Müllabfuhr

Wie eine Stadt mit vielen Einwohnern unterschiedlicher Berufsgruppen – so kann man sich den Biofilm vorstellen. So gibt es zum Beispiel die “Lebensmittelindustrie”: Bestimmte Populationen übernehmen die Nahrungsversorgung und brechen Nährstoffe so auf, dass andere sie verstoffwechseln können. Andere Mikroorganismen spielen Müllabfuhr und verstoffwechseln, was andere übrig lassen.

Auch herrscht im Biofilm eine rege Kommunikation. Selbst Erbinformationen werden ausgetauscht. So wird beispielsweise eine Antibiotikaresistenz an die kommenden Generationen weitergegeben. Damit stärkt sich die bakterielle Gemeinschaft immer weiter und optimiert clever ihre Lebensbedingungen: Sogar einen für sie zu hohen pH-Wert können die Bakterien selbst senken.

Alles im Lot: Das natürliche Gleichgewicht in der Mundflora

Der Biofilm an sich ist nicht automatisch etwas Schlechtes – und sogar Teil einer gesunden Mundflora. Nach dem Zähneputzen oder einer professionellen Zahnreinigung legt sich der sogenannte initiale Biofilm – also die erste entstehende Schicht – wie ein Schutzfilm über die Zähne. Diese Schicht besteht aus Eiweißen und Speichel. Sie schützt den Zahn vor Säureangriffen oder Abrieb beim Kauen und verhindert das Herauslösen von Mineralien.

Zahnarzt Lennard Bertram, Zahnarztpraxis Bertram in Leer

“Durch Zähneputzen und regelmäßige Prophylaxe in der Praxis lässt sich der Biofilm gut beherrschen – auch wenn er stets erhalten bleibt. Durch diese Maßnahmen greifen wir jedoch die Kommunikationskanäle der Bakterien im Biofilm an. Die Verständigung und Aufgabenverteilung der Bakterien untereinander wird gestört und dadurch die Ausbreitung stark reduziert.”

Schädliche Bakterien – Hauptursache für orale Erkrankungen

Doch haben die schlechten Bakterien die Gelegenheit, sich ungehindert zu vermehren, kommt das Gleichgewicht aus dem Lot: Der natürliche Schutz funktioniert nicht mehr, dafür werden Karies und Parodontitis ausgelöst. Und noch schlimmer: Durch die Blutbahn gelangen die Bakterien in den Organismus und erhöhen das Risiko für Erkrankungen wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Diabetes oder Lungenentzündungen.

Zimt gegen Biofilm?

Zur Zeit forscht die University of Technology of Australia daran, ob Zimtöl schädlichen Biofilm auf den Zähnen beseitigen kann. Das Öl wird an starken Infektionen getestet, die sogar antibiotikaresistent sind.

Schutz vor Bakterien: Mit der Zahnreinigung dem Biofilm an den Kragen gehen

Reinigung, Reinigung, Reinigung – das ist das A und O, um die pathogenen Bakterien in den Griff zu bekommen. Dabei werden die krankmachenden Keime mechanisch zerstört und entfernt. Deshalb ist eine gute häusliche Mundhygiene unerlässlich.

Zusätzlich sollte die professionelle Zahnreinigung unbedingt mindestens zweimal jährlich durchgeführt werden. Hierbei entfernen die Prophylaxeprofis harte und weiche Beläge und entfernen so schädliche Bakterien mithilfe von Ultraschall oder einem Pulver-Wasser-Gemisch. Anschließend wird ein Fluorid-Lack auf die Zähne aufgetragen, um die Zahnoberflächen zu schützen. Und das bedeutet Gesundheit für unsere Zähne – für Biofilm und Bakterien dagegen heißt es: Film aus!

Fragen und Antworten zum Thema Biofilm, Plaque und Zahnbelag

Was ist Plaque?

Plaque ist ein Gemisch aus zahlreichen Bakterienkolonien, Viren und Pilzen, die einen Film auf den Zahnoberflächen, in den Zahnzwischenräumen oder am Zahnfleischrand bilden. Einige dieser Bakterienarten sind schädlich für die Zähne, zum Beispiel der Streptococcus mutans. Sie verursachen Karies, Zahnfleischentzündungen (Gingivitis) und Parodontitis.

Wie entsteht Biofilm auf den Zähnen?

Trifft ein Bakterium auf eine Oberfläche oder ein anderes Bakterium, entsteht ein Biofilm. Dann vermehren sich die Mikroben und tauschen dabei biochemische Nachrichten aus. Ist eine bestimmte Bakterienanzahl sowie die entsprechende Menge an Botenstoffen erreicht, ist dies der Startschuss für die Mikroorganismen: Sie produzieren nun einen zähen Schleim aus Zucker, Eiweißen, Fettbausteinen und anderen Biomolekülen. Dieser kann bis zu mehreren Millimetern dick werden und umschließt die komplette Gemeinschaft. An schwer zugänglichen Stellen wie dem Zahnfleischrand oder in den Zahnzwischenräumen entsteht Biofilm besonders leicht.

Warum ist Zahnbelag gefährlich?

Zahnschädigende Bakterienarten wie der Streptococcus mutans wandeln bei ihrem Stoffwechsel Zucker aus der Nahrung in Säuren um. Diese entmineralisieren den Zahn und greifen das Zahnfleisch an. Dann entstehen Karies oder Parodontitis.

Wie sieht Plaque aus?

Die Plaque ist fast nicht sichtbar. Man kann sie jedoch mit der Zunge auf den Zähnen spüren: Sie fühlt sich rau und pelzig an.

Warum stinkt Zahnbelag?

Nicht der Zahnbelag selbst verursacht den Gestank. Schuld an üblem Geruch sind Bakterien. Diese gelangen über den Zahnbelag zwischen Zahn und Zahnfleisch. Dort lösen sie Entzündungen wie eine Parodontitis oder Parodontose aus. Wenn das Zahnfleisch nicht mehr fest am Zahnhals anliegt, bilden sich sogenannte Zahnfleischtaschen, in der sich Nahrungsreste ansammeln. Das ist eine großartige Futterquelle für die Bakterien. Sie verwerten die Nahrungsreste und stoßen dabei Gase aus, die den üblen Geruch verursachen.Ein Gutes hat der Mundgeruch aber: Er ist ein Warnzeichen – Betroffene sollten den Zahnarzt aufsuchen. Denn für das Zahnfleisch heißt es: Parodontitisgefahr! Spätestens, wenn sich zum Mundgeruch auch noch Schwellungen, Rötungen oder Zahnfleischbluten gesellen, heißt es: Sofort in die Zahnarztpraxis!

Wie entsteht Zahnstein?

Werden die Beläge nicht regelmäßig entfernt, entwickeln sie sich durch die Mineralien im Speichel zu hartem Zahnstein. Dagegen kommt auch die Zahnbürste nicht mehr an: Zahnstein muss regelmäßig vom Zahnarzt entfernt werden.

Gibt es Biofilm auf Zahnimplantaten?

Leider ja! Ein Biofilm setzt sich sowohl auf natürlichen als auch auf künstlichen Oberflächen ab. Sofern eine warme und feuchte Umgebung gegeben ist, kann Biofilm entstehen. Das Fatale: Der Biofilm erhöht das Risiko für Implantatverlust. Wird das Zahnimplantat von Keimen besiedelt, ruft dies eine Entzündungsreaktion hervor (Periimplantitis). Eine Folge davon ist Knochenschwund. Dadurch ist die feste Basis, die ein Implantat für sicheren Halt benötigt, nicht mehr gegeben – das Implantat verliert den Halt und geht schlimmstenfalls verloren. Eine regelmäßige Nachsorge beim Zahnarzt ist deshalb die beste Vorsorge für langen Implantathalt. Dabei werden schädliche Keime und Bakterien in engmaschigen Kontrollen – der sogenannten Implantatprophylaxe – entfernt. Das bedeutet das Aus für schädliche Bakterien und ermöglicht lange Freude an den Implantaten.

Betrifft der Biofilm auch die Zunge?

Auch auf der Zunge ist der Biofilm zuhause. In dieser feuchtwarmen Umgebung fühlen sich Bakterien und Keime besonders wohl. Die Folge von Biofilm auf der Zunge ist häufig Mundgeruch.

Helfen Mundspülungen gegen Zahnbelag?

Viele Mundspülungen enthalten plaquehemmende Inhaltsstoffe, zum Beispiel Chlorhexidin, Fluoride oder Cetylpyridiniumchlorid (CPC). Zusätzlich zur mechanischen Reinigung mit der Zahnbürste können sie die kariesvorbeugende Wirkung verstärken. Bei Parodontitis setzt der Zahnarzt oft hochdosierte Spüllösungen mit Chlorhexidin ein. Sie enthalten 0,1 und 0,2 Prozent des Wirkstoffs und werden nur phasenweise unter zahnärztlicher Aufsicht eingesetzt.

Was hilft gegen Biofilm?

Am besten hilft gegen Biofilm oder Plaque die mechanische Entfernung. Das bedeutet: Zweimal täglich die Zähne putzen, zusätzlich einmal täglich die Zahnzwischenräume mit Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürsten reinigen. Da bei der häuslichen Mundpflege nie alle Zahnoberflächen gleich gut erreicht werden, bleiben immer Beläge zurück. Deshalb ist die professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt die perfekte Ergänzung. Hierbei entfernen Prophylaxeprofis weiche und harte Beläge, prüfen Zähne und Zahnfleisch und schützen die Zähne mit einer Fluoridierung vor einer Neuansiedelung von Bakterien.

Wie entferne ich Zahnbelag?

Diese Tipps helfen, die Entstehung von Plaque, Zahnbelag und Zahnstein zu vermeiden:

  • Regelmäßiges Zähneputzen – morgens und abends mindestens zwei Minuten.
  • Regelmäßige Reinigung der Zahnzwischenräume: einmal täglich Zahnseide oder Zahnzwischenraumbürsten verwenden
  • Nach dem Zähneputzen den Mund mit einer Mundspülung spülen
  • Täglich einmal die Zunge mit einem Zungenschaber reinigen
  • Mindestens zweimal jährlich eine professionelle Zahnreinigung beim Zahnarzt, im Rahmen der wichtigen Prophylaxe-Termine.

Wer seine Zähne regelmäßig reinigt und sich dazu Unterstützung vom Zahnarzt holt, lässt dem Biofilm keine Chance. Dann wird selbst der Bakterien-Schocker zur gesunden Liebesgeschichte mit Happy End.